Anmerkungen:

Die folgenden Paspstschreiben wurden aus dem Cartulaire I (Nr.419, Nr.700 bzw. Nr.733) entnommen und übersetzt. Der Vollständigkeit halber habe ich den lateinischen Text hier ebenfalls angegeben. Laut dem Quellenverzeichnis im Cartulaire I, handelt es sich bei allen drei Schreiben um die Originale (siehe dort). Die Nr.700 ist mit der Nr.733 absolut identisch. Der einzige Unterschied ist das Datum der Ausstellung.

Es sind noch zwei Regesten aus dem 16. Jahrundert erhalten (s. Papsturkunden II; Nr.80), die auf zusätzliche Schreiben, die der Nr.700 bzw. Nr.733 aus dem Cartulaire entsprechen, hinweisen. Somit wird es mindestens 4 solcher Schreiben in den Jahren 1184/ 1185 gegeben haben. Die beiden oben erwähnten Regesten, geben an, dass es sich bei diesen Schreiben um ein Privileg für die Hospitaliter gehandelt haben soll, damit nur sie berechtigt wären das weiße Kreuz zu tragen. In den beiden überlieferten Texten ist jedoch kein derartiges Privileg zu finden. Vielmehr haben solche päpstlichen Privilegien in der Regel einen anderen Schreibstil und sind gewöhnlich dirket an die Begünstigten gerichtet. Im Umkehrschuß ist jedoch das Verbot für das Tragen des Hospitaliterkreuzes für Ordensexterne so etwas wie ein Privileg, da ab diesen Zeitpunkt nur noch die Brüder mit Profeß die Erlaubnis des Papstes zum Tragen des Kreuzes hatten.


Datierung der Schreiben sowie der beiden Regesten:

Nr.700: November 1184 oder 1185
Nr.733: 20. Januar 1185
Regesten (beide): 15. Februar 1185

Das Schreiben mit der Nummer 419 wurde früher verfasst. Es stammt von Alexander III und nicht von Lucius III. Das Cartulaire gibt folgende Datierung an: 7. November 1170, 1171, 1172, 1178 oder 1180


Zweck der Schreiben:

Während die Schreiben Nr.700 bzw. Nr.733 den Zweck hatten, das Almosensammeln durch Personen, die sich als Hospitaliter Brüder ausgaben und sogar das weiße Kreuz jener trugen, es jedoch nicht waren, zu unterbinden, so hatte das Schreiben Nr.419 den Zweck, allen Personen, die keine Brüder des Hospitals waren, zu verbieten, den Habit sowie das Kreuz der Hospitaliter auf der Kleidung zu tragen. Die Farbe des Kreuzes wird hier nicht erwähnt. Diese Personen lebten dem Schreiben nach zusammen mit ihren Familien (Frauen und Kindern) und waren wohl bekleidet mit dem Habit der Hospitaliter, obwohl sie keine Profeß abgelegt hatten.


Überlegungen:

Die Hospitalbruderschaft gibt es mindestens seit der Eroberung Jerusalems durch den 1.Kreuzzug (1099). Ist es es nicht seltsam, dass es über 80 Jahre gedauert hat, bis hinterlistige Personen auf die Idee kamen, sich das Kreuz der Brüder des Hospitals anzuheften und die Almosen, die für die Armen gedacht waren, zu sammeln? Gerade vor dem Hintergrund, dass in der ältesten Regelüberlieferung der Hospitaliter, die auf 1181 - 1185 datiert wird (The Hospitallers' Riwle; XLVIII), gerade der Punkt, der das Tragen des Kreuzes auf der Kleidung bestimmt, fehlt (The Hospitallers' Riwle; XVI). Wäre es nicht eher anzunehmen, dass die Gewohnheit, das Kreuz auf der Kleidung zu tragen, erst in den 1170er/ 1180er begann?


Die Papstschreiben:

Quelle: Cartulaire général de l'Ordre des Hospitaliers de S. Jean de Jérusalem (1100 - 1310) Vol. I; J. Delaville le Roulx; Paris; 1894 - 1906; Nr.419:

Alexander, etc., den ehrwürdigen Brüdern Erzbischöfen, Bischöfen, und geliebten Söhnen Äbte, Prioren und den anderen Prälaten der Kirche, zu denen diese Briefe gelangt sein werden, grüße. Weil in eueren Pfarreien Leute ansässig sind, wie man behauptet, die mit ihren Frauen und Kindern in Weltlichkeit leben und nicht zögern, dass sie das Gewand der Männer der frommen Brüder des Hospitals zu Jerusalem tragen und auf den Kleidern des Herren Kreuz auf sich nehmen, halten wir das in jeder Hinsicht für erstaunlich und schändlich, wenn ihr so mit geschlossenen Augen an der ungeheueren Dreistigkeit der vorgenannten Leute vorübergeht, obwohl ihr die Verwegenheit jener mit pastoralischer Besorgnis bestrafen müsstet. Da ihr nun aber beim Zurechtweisen jener nicht mild oder nachlässig sein müsst, tragen wir euerer Zurückhaltung durch die Verordnung der apostolischen Schrift insofern auf, dass wenn betreffende in eueren Pfarreien sind, sollt ihr selbst möglichst auffordern, dass sie das Zeichen ganz und gar ablegen sollen, und, wenn sie euerer Ermahnung womöglich nicht gehorchen wollten, nachdem ihnen Widerspruch und Klagerecht entzogen worden ist, sollt ihr sie so lange öffentlich als exkommuniziert verkünden, bis sie aufhören mögen, nachdem das Kreuz abgenommen worden ist, die Gemeinschaft der vorgenannten Brüder nachzuahmen. Da sich die genannten Brüder im übrigen, wegen der Gunst unserer Vorgänger, dem Privileg der Exemption erfreuen, so dass sie nur höchstens dem Willen des römischen Pontifex unterworfen werden können, befehlen und belehren wir euch mit Bestätigung des vorliegenden Briefes, auf dass keiner von euch auf irgendeinen der vorgenannten Brüder die Strafe der Exkommunikation oder des Interdikts bringen soll, und dass ihr nicht erlaubt, sofern es an euch liegt, dass (darüber) abgestimmt wird. Wisset, dass wenn welche von euch glaubten unserer Anweisung widersprechen zu müssen, werden wir den unverbesserlichen Ungehorsam jener, mit Gottes Hilfe, nicht einmal dulden. Dat. Tusculum, 7. November

Alexander, etc., venerabilibus fratribus archiepiscopis, episcopis, et dilectis filiis abbatibus, prioribus, et aliis ecclesiarum prelatis ad quos littere iste pervenerint, salutem, etc. Cum sint homines, sicut dicitur, in vestris parrochiis commorantes, qui cum uxoribus et filiis suis degunt in seculo, et habitum religiosorum virorum fratrum Jerosolimitani Hospitalis fere non dubitant, et in vestibus crucem dominicam bajulare, mirabile gerimus omnimodis et indignum si tam enormem audaciam predictorum hominum clausis oculis pertransitis, qui presumptionem eorum pastorali deberetis sollicitudine cohercere. Quoniam igitur in his corrigendis nec debetis esse tepidi vel remissi, discretioni vestre per apostolica scripta precipiendo mandamus quatinus, si qui tales sunt in parrochiis vestris, ipsos quantotvis moneatis ut signum omnino deponant, et, si commonitioni vestre acquiescere forte noluerint, ipsos, contradictione et appellatione remota, tamdiu excommunicatos publice nuntietis donec cruce deposita religionem predictorum fratrum simulare desistant. Ceterum quia predicti fratres de indulgentia predecessorum nostrorum eo gaudent privilegio libertatis ut non nisi Romani pontificis tantum sententie valeant subici, presentium vobis auctoritate mandamus atque precipimus, quatinus nullus vestrum in aliquem predictorum fratrum excommunicationis vel interdicti sententiam ferat, nec ferri quantum in vobis est permittatis, scituri quod, si qui vestrum precepto nostro duxerint repugnandum, presumptionem eorum non dimittemus, auctore Deo, aliquatenus incorrectam. Dat. Tusculani, VII idus novembris.

Datierung im Cartulaire: 7. November 1170, 1171, 1172, 1178 oder 1180




Quelle: Cartulaire général de l'Ordre des Hospitaliers de S. Jean de Jérusalem (1100 - 1310) Vol. I; J. Delaville le Roulx; Paris; 1894 - 1906; Nr.700 bzw. Nr.733:

Lucius, etc., den ehrwürdigen Brüdern, Erzbischöfen und Bischöfen, zu welchen diese Briefe gelangt sein werden, grüße, etc. Es gehört sich, dass die Sorge des pastoralischen Amtes die verdorbenen und ungeheueren Sünden vertilgt und die Verfehlungen, die der Seelen Gefahr hervorrufen, von Grund auf beseitigt. Wir haben nun allerdings zum Schrecken vieler erfahren, dass das zu verabscheuende Verbrechen sich in verschiedenen Teilen der Welt entwickelt, weil ohne ein vorangehendes Anzeichen für Frömmigkeit und Anstand, vielmehr durch das Verlangen zur Habsucht, sich gewisse Leute die weißen Kreuze nach dem Vorbild der Brüder des Hospitals zu Jerusalem anheften, und sie fürchten das Geringste diese zu tragen und für sich den Untergang der Seelen herbeizuführen, so dass sie unter derartigen Vorwand imstande sind, die für die Armen vorgesehen Almosen zu sammeln. Deshalb tragen wir, nachdem die pontifikale Unterstützung herangezogen wurde, euerer Gemeinschaft der Glaubensbrüder durch die apostolischen Schreiben insofern auf, euch mit aller Strenge zu bemühen, dass ihr diese, welche sich anmaßen das Kreuz zu tragen, und heuchlerisch vorgeben, obwohl sie es nicht sind, vom Gelübde und der Gemeinschaft der Brüder des Hospitals zu Jerusalem herzukommen, auffordert, dass sie von so viel Torheit und Sünde ablassen und sie sich mit keiner Rechtfertigung anmaßen das Kreuz fortan zu tragen. Wenn tatsächlich irgendeiner, nachdem er von euch ermahnt wurde, sich aus Unbesonnenheit durch sein Zögern weigerte, sollt ihr bei ihm, nachdem der vollständige Verlust der Seele vernachlässigt worden ist, mit unserem Willen die Macht der Bestrafung nach den Kirchenregeln ausüben.

Lucius, etc., venerabilibus fratribus archiepiscopis et episcopis, ad quos littere iste pervenerint, salutem, etc. Decet pastoralis sollicitudinem dignitatis pravas et enormes iniquitates evellere, et vicia que periculum pariunt animarum radicitus amputare. Detestandum siquidem facinus et plurimum abhorrendum per diversas mundi partes accepimus pullulare, quod, nullo precedente signo religionis ac honestatis sed avaricie amore cecati, quidam sibi cruces albas ad similitudinem fratrum Jerosolimitani Hospitalis imponunt, et eas minime verentur portare, ut sic possint sub tali velamento elemosinas pauperibus deputatas colligere, et sibi animarum perniciem generare. Quocirce fraternitati vestre per apostolica scripta mandamus quatinus, diligentia pontificali adhibita, eos qui crucem portandam assumunt, mentientes se, cum non sint, de professione ac collegio fratrum Hospitalis Jerosolimitani existere, omni cum districtione compellere studeatis ut a tana stulticia et errore desistant, et crucem ulterius deferre nulla ratione presumant. Si quis vero, a vobis commonitus, a sua noluerit temeritate cessare, in eum ecclesiastice animadversionis gladium auctoritate nostra, omni occasione postposita, exerceatis.

Datierung im Cartulaire (Nr.700): 29. November 1184 oder 1185
Datierung im Cartulaire (Nr.733): 20. Januar 1185




Literaturverzeichnis

Cartulaire général de l'Ordre des Hospitaliers de S. Jean de Jérusalem (1100 - 1310) Vol. I – IV; J. Delaville le Roulx; Paris; 1894 - 1906

Papsturkunden für Templer und Johanniter II; Rudolf Hiestand; Göttingen Vandenhoeck & Ruprecht; 1984

The Hospitallers' Riwle: (Miracula et regula hospitalis Sancti Johannis Jerosolimitani); Keith Val Sinclair; Anglo-Norman Text Society; 1984





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